Mein Jahresrückblick 2022

2022 war das härteste Jahr meines Lebens.

Ich musste mir CHF 50 000 von Freunden und Familie leihen, um mit Friendly finanziell über die Runden zu kommen. Ich bat mein Team um eine Lohnkürzung. Der Umsatz von Wortspiel ist um -22% gesunken. Ich erkrankte an Covid-⁠19 und war danach einige Wochen depressiv. Ich bin mitten in der Scheidung.

Und trotzdem ging es mir meistens gut.

Ich bin gesund. Ich habe zwei hübsche Töchter. Ich lebe beruflich meinen Traum. Und ich durfte einige wunderbare Menschen treffen und besondere Reisen erleben.

Das alles ist bei mir in 2022 passiert:

Finanzielle Herausforderungen mit Friendly

Erstmals in meiner mittlerweile siebenjährigen Laufbahn als Unternehmer kam ich in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Meine Softwarefirma Friendly ist auch fast drei Jahre nach Gründung noch nicht profitabel. Das ist einerseits normal: die meisten Firmen in diesem Bereich brauchen Jahre, um in die Gewinnzone zu kommen. Darum haben Marktbegleiter von uns viele Millionen von Investoren aufgenommen. Andererseits hatte ich gehofft, dass es bei uns irgendwie anders sein könnte.

Wir bei Friendly wollen aus guten Gründen keine Investoren. Das bedeutet allerdings auch, dass ich die Verluste komplett selber aus meinem laufenden Einkommen stemmen muss. Und das wurde in 2022 immer schwieriger.

Diese Entwicklung ist kein Geheimnis: Friendly ist das erste Open Startup der Schweiz. Das bedeutet, dass wir alle Kennzahlen veröffentlichen, wenn kein guter Grund dagegen spricht.

In 2022 erwirtschaftete Friendly einen Umsatz von CHF 174 712, bei Kosten von 205 736. Der Verlust beträgt also CHF -31 024.

Seit der Gründung von Friendly im Februar 2020 beträgt der Verlust sogar ganze CHF 72 520 (Einnahmen von CHF 318 926 vs. Kosten von CHF 391 446).

Friendly: Einnahmen vs. Ausgaben von Februar 2020 bis Dezember 2022

(Der reale Verlust wäre eigentlich grösser, weil ich mir bis heute kein Einkommen für meine Arbeit bei Friendly ausgezahlt habe. Gemäss des statistischen Lohnrechners des Bundes stünde mir als Geschäftsführer bei einem angenommenen Pensum von 80% ein Gehalt von CHF 111 876 jährlich zu. Würden wir diesen Lohn zu den Kosten addieren, wäre der Gesamtverlust sogar CHF -394 164.)

Die Finanzen wurden so knapp, dass ich mir im Herbst und Winter 2022 über CHF 50 000 von Freunden und Familie leihen musste, um den Engpass zu überbrücken (danke, D., S. und J./C.). Zudem bat ich mein Team schweren Herzens um eine Lohnkürzung.

Dennoch sind wir auf einem guten Weg. Wir haben über 80 Kunden, ein grossartiges Team (hallo, Joey, Kathrin und Luke), und ich bin zuversichtlich, dass wir in 2023 in die Gewinnzone kommen werden.

Und wir denken langfristig. Wir haben eine Exist-Strategie, keine Exit-Strategie. Die meisten Unternehmen scheitern, weil ihre Gründerinnen und Gründer zu früh aufgeben. Wenn du ein vernünftiges Geschäft für 10 Jahre durchziehst, sind die Chancen hoch, dass es erfolgreich wird.

Neben den finanziellen Schwierigkeiten gab es auch viele gute Momente und Gründe zum Feiern. Ein Highlight für uns als Team war unsere Retraite am Vierwaldstättersee:


Wortspiel auf Kurs

Zum Glück blieb meine Agentur Wortspiel in 2022 auf Kurs. Der Netto-Honorarumsatz sank zwar um -22% von CHF 584’821 in 2021 auf CHF 458’030 in 2022. Dennoch war das genug, um mich vor existenziellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu bewahren.

Seit März 2021 unterstützt mich Jennifer Walter operativ als COO und Chief Happiness Officer (CHO) und sie macht das grossartig. Ebenso wie die weiteren Mitglieder des Teams.

Wir bei Wortspiel arbeiten seit der Gründung 2015 ortsunabhängig und sind damit wohl die erste Schweizer Marketing-Agentur, die komplett auf Remote Work gesetzt hat. Den fehlenden persönlichen Austausch kompensieren wir über einen wöchentlichen Video-Call mit dem ganzen Team sowie über jährliche Retraites, unter anderem in Valencia, Lissabon, Budapest und Köln.

Nach zwei Jahren, in der wir uns aufgrund der Corona-Pandemie nicht gemeinsam treffen konnten, sahen wir uns in 2022 gleich zwei Mal.

Unsere erste Retraite verbrachten wir im Mai auf der sonnigen Insel Mallorca:

Und im Herbst erlebten wir arbeitsreiche Tage in der Mainmetropole Frankfurt.

Ein besonderer Dank geht an unsere Kunden für die langjährige und partnerschaftliche Zusammenarbeit, darunter MOVU, Jungfraubahnen, IVF Hartmann und wemakeit.

Scheidung, Vaterschaft und Familie

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen bin ich aktuell im Prozess der Scheidung von meiner Frau. Auch das kostet Kraft. Und ich versuche, ein guter Vater für die beiden gemeinsame Töchter zu sein:

Besonders gefreut habe ich mich über einen längeren Besuch meiner Eltern, die fast 1 000 km entfernt in Norddeutschland leben:

Ebenfalls schön war, dass ich alle meine drei Geschwister Kathrin, Michael und Mirjam mindestens einmal treffen konnte.

Gesundheit, Disziplin und hilfreiche Routinen

Trotz all dieser Belastungen und des Drucks geht es mir wie eingangs erwähnt erstaunlich gut.

Ich schaffe es, diszipliniert zu arbeiten. Ich zwinge mich, pünktlich Feierabend zu machen und mindestens einen Ruhetag pro Woche einzulegen, um mich zu erholen – gerade als Unternehmer nicht immer leicht, aber wichtig.

Und ich baue mir möglichst jeden Tag Dinge ein, die mir gut tun: Neben Fitness und den kalten Duschen sind das Yoga, Meditation (App-Tipp: Calm), Gespräche mit Familie und Freunden, Doku-Serien auf Netflix und Bücher (Tipp: Book of Joy).

Im April erkrankte ich an Covid-⁠19. Ich hatte grippe-ähnliche Symptome und fühlte mich fast zwei Wochen richtig krank – trotz Booster-Impfung. In dieser Zeit fiel der Sport und die meisten meiner Routinen flach. Das schlug dann auch psychisch durch: ich war während dieser Zeit und danach für mehrere Wochen depressiv. Ein gutes Gegenmittel waren lange Spaziergänge (mind. 2 x 45 min täglich). Dadurch ging es schrittweise besser.

Ein Bild aus der schlimmsten Phase meiner Depression im April / Mai 2022

Freundschaften und Reisen

Ich denke gerne an die Begegnungen zuhause im Thurgau sowie in der Region Konstanz mit meinen guten Freunden Katja & Robert, Stefan und Aletea & Christian zurück.

Und ich liebe das Reisen. Aufgrund knapper Budgets übernachtete ich vor allem bei Freunden oder in preiswerten Unterkünften. Dadurch war es nicht minder schön.

Mein Mitarbeiter Joey Keller ist zu einem Freund geworden. Im Juni besuchte ich ihn und seine Familie in Budapest, Ungarn:

Im September besuchte ich meinen Freund Néstor in Granada, Spanien. Wir hatten uns 2005 während meines Austauschjahres dort über das Erasmus-Programm kennengelernt und sind Freunde geblieben:

Und ich war in 2022 mehrfach in Thailand. Dabei habe ich die Treffen mit meinem Freund Dieter geschätzt, der mit seiner Familie in Chiang Mai lebt. Sein Sohn Luke ist mein Patenkind.

Generell fühle ich mich sehr wohl in Thailand. Das Wetter, das Essen, die traditionelle Massage und die freundlichen Menschen tun mir gut. Zwar ist der Flug teuer. Das Leben selbst ist allerdings deutlich günstiger als in der Schweiz und die Lebensqualität für mich um ein vielfaches höher.

 

Hallo 2023

Für 2023 wünsche ich mir, dass es etwas einfacher wird, und dass wir mit Friendly endlich die Gewinnzone erreichen. Ansonsten bin ich schon ziemlich wunschlos glücklich.

It ain’t about how hard you hit. It’s about how hard you can get hit and keep moving forward. That’s how winning is done!

Rocky Balboa

PS: Dies ist das vierte Jahr, für das ich einen Rückblick geschrieben habe. Hier geht es den Ausgaben für 2021, 2020 und 2019.


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