Toni Schneider von WordPress & True Ventures | Die #StefanVetterShow, Folge 2

Was könnte die Schweiz vom Silicon Valley lernen – und umgekehrt? Wie weit ist die Schweiz als Technologie-Standort und in Bezug auf die digitale Transformation?

Dies und mehr fragte ich Toni Schneider auf dem WORLD­WEB­FORUM in Zürich. Toni war über acht Jahre lang CEO von Automattic, der Firma hinter WordPress. Mittlerweile ist WordPress das weltweit beliebteste CMS und kommt auf fast jeder dritten Website zum Einsatz – auch auf dieser hier.

Heute investiert Toni als Partner beim Silicon-Valley-Investor True Ventures in Startups wie Fitbit und Bandcamp.

Toni ist gebürtiger Schweizer und wuchs in Meilen und Stäfa auf. Nach dem Abschluss des Gymnasiums arbeitete er ein Jahr lang als DJ bei Radio Zürisee . Seitdem lebt er in Kalifornien, wo er am Santa Barbara City College und an der Uni Stanford studierte.

Das Interview habe ich in Tonis Muttersprache Schweizerdeutsch geführt (und für unsere deutschen Freunde mit hochdeutschen Untertiteln versehen 😉).

Hier ist das Interview im Volltext:

Stefan Vetter: Wie bedeutend ist die Schweiz deiner Meinung nach als Standort für Startups im Vergleich zu Silicon Valley?

Toni Schneider: Die Schweiz holt auf. 1989 zog ich nach dem Gymnasium nach Kalifornien, um zu studieren. Damals war es in der Schweiz fast unmöglich ein Software-Startup aufzubauen. In den vergangenen 25 Jahren ging es schrittweise vorwärts. Schaue ich mir hier und jetzt die Schweizer Startups an, bin ich beeindruckt.

„Die Schweizer Startups haben sich extrem weiterentwickelt.“

In den vergangenen Jahren haben sich die Schweizer extrem weiterentwickelt. Im Grunde sind die hiesigen Teams genau so gut wie diejenigen in Silicon Valley oder sonst irgendwo auf der Welt. Allerdings sind die Startups viel kleiner und es wird weniger Geld investiert. Es wird noch eine Weile dauern, bis die Anzahl erfolgreicher Startups und deren Bedeutung im Markt ein Volumen erreicht haben, das genügend Investoren anzieht.

Gibt es bestimmte Schweizer Startups, die Dir besonders aufgefallen sind?

Ja, bei einigen war ich bereits nah dran, zu investieren. In die Firma BestMile aus Lausanne beispielsweise, die eine Software für Autonomous Fleet Management entwickelt hat. Oder in das sehr gute Produkt von ComfyLight: Eine intelligente LED-Lampe mit integriertem, app-gesteuertem Sicherheitssystem.

Welche Technologien interessieren dich als Investor? Welche Richtung würdest du einem Schweizer Startup Unternehmen empfehlen?

Momentan schauen wir uns auf Gebieten wie Machine Learning oder Life Sciences um. Wir investierten zum Beispiel 2008 in das Fitnessarmband von Fitbit – eines der ersten, die es gab. Vor eineinhalb Jahren ging Fitbit an die Börse.

„Sensoren sind im Kommen.“

Sensoren sind immer mehr im Kommen – am Anfang als Schrittzähler, dann ging es ums Schlafen und jetzt entwickeln sie sich in weitere Richtungen. Wir suchen nach Produkten mit Sensoren, die zukünftig ganz neue Anwendungen ermöglichen, weil sie viel günstiger sein werden als heute. So ist deren Preis von über 100’000 Dollar auf heute 500 Dollar pro Stück gesunken. In ein paar Jahren kosten die noch 50 Cent. Bei dem Preis könnte man sie überall einbauen: In Armbänder, Schuhe oder wohin auch immer. Das schafft Raum für neue Applikationen. Solche Ideen faszinieren uns.

Wenn Du einen Lehrplan in der Schweiz mitgestalten könntest, was müsste deiner Meinung nach im Jahr 2017 hinein?

Das ist eine gute Frage. Die Teams, in die wir investieren, haben unterschiedliche Backgrounds. Teilweise kommen sie von super Universitäten, teilweise von gar keinen. Wir suchen Leute, die nicht übertrieben risikofreudig sind, aber auch keine Angst haben, ein Risiko einzugehen. Das ist etwas, das leider nicht oft in einem Bildungsplan enthalten ist.

Ja, das sind wichtige Eigenschaften: Dazulernen, sein Mindset verändern und Risiken eingehen zu können. Wir sind in der Schweiz da wohl noch nicht so weit wie in Silicon Valley. Wie könnte sich das ändern?

In einem Startup gibt es zweierlei: Das Produkt und das Business, mit dem man letztlich das Geld verdient. Die Schweizer sind führend mit Produkten und Technologien. Sie haben super Ideen und sind bereit, Neues zu probieren.

„Die Schweizer sind führend mit Produkten und Technologien.“

Auf der Business-Seite sind die Unternehmen leider oft noch zu konservativ. Viele Schweizer Startups wollen mit ihren oft sehr guten Produkten in der Schweiz beginnen. Sie sagen:„Schauen wir zuerst hier, ob es funktioniert, dann in Deutschland, Europa und vielleicht in Amerika.“ Sie sind viel zu vorsichtig, denn bis sie endlich in Amerika angekommen sind, haben sich dort bereits Anbieter mit Konkurrenzprodukten im Markt etabliert. Langsam lernen die Schweizer dazu und starten direkt in Amerika. Im Silicon Valley findet man sehr schnell heraus, was funktioniert. Und diese Erkenntnis können die Startups zurück in die Schweiz nehmen. Ein paar sagen auch: „Wenn wir früher oder später sowieso nach Amerika müssen, um eine riesige Firma aufzubauen, dann können wir auch gleich jetzt gehen.“

Was könnte das Silicon Valley von der Schweiz lernen?

In der Schweiz ist man weitsichtiger. Die Leute haben mehr Geduld und ein Projekt darf 10 oder 15 Jahre dauern. Funktioniert in Silicon Valley etwas nach 18 Monaten nicht, beginnt man mit dem nächsten Projekt und vergisst, dass gewisse Technologien längere Zeit brauchen, um sich durchzusetzen.

Toni, vielen Dank für das Interview!

Hat mich gefreut!

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